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„Hey Siri, hörst Du gerade mit? Wie smarte Assistenten unbemerkt zum Datenschutzproblem im Büro werden

Ein Kollege diktiert gerade eine E-Mail über ein vertrauliches Projekt. Neben ihm liegt ein privates Smartphone mit Sprachassistent. Im Hintergrund blinkt kurz die LED der smarten Uhr auf dem Handgelenk – aktiviert durch ein zufälliges Stichwort. Was nach Science-Fiction klingt, ist längst Realität im Büroalltag.

Andreas Hessel

25.07.2025 · 6 Min Lesezeit

Wo KI mehr weiß, als sie sollte

Digitale Assistenten haben längst ihren Weg in unsere Arbeitswelt gefunden – oft ganz unbemerkt. Smartphones mit Siri, Uhren mit Google Assistant, smarte Lautsprecher à la Alexa oder Cortana in Windows-Geräten.

Diese digitalen Helfer hören ständig mit, um bei Bedarf sofort reagieren zu können. Mit dieser ständigen Bereitschaft beginnt das Datenschutzdilemma.

Auch wenn Hersteller betonen, dass nur „nach Aktivierungswort“ aufgezeichnet wird – zahlreiche Tests und Vorfälle zeigen, dass viele Geräte zu früh oder fälschlich aktiviert werden.

Und wenn das passiert, werden Gespräche nicht nur mitgehört, sondern oft auch in der Cloud gespeichert – inklusive sensibler Geschäftsdaten.

Beispiele gefällig?

  • Die Besprechung in der Kaffeeküche, in der nebenbei
    über einen Krankheitsfall oder ein Kündigungsgespräch
    gesprochen wird – mit Siri aktiv im Hintergrund.
  • Das Brainstorming im Büro, bei dem neue Produktideen
    genannt werden – mit Alexa auf dem Handy
    im Ladegerät.
  • Der Anruf mit dem Kunden, bei dem vertrauliche
    Adressen, Diagnosen oder interne Informationen
    genannt werden – und der smarte Lautsprecher auf
    dem Schreibtisch blinkt auf.

Mein Tipp:
Solche Situationen sind keine Ausnahme mehr. Oft merken wir es gar nicht, wenn Geräte zuhören – denn Assistenten sind leise, unsichtbar und überall. Daher ist es wichtig, sich der Risiken bewusst zu sein.

Warum das aus Datenschutzsicht problematisch ist

Digitale Assistenten sind technisch so gebaut, dass sie ständig auf ihre Aktivierungswörter lauschen – und dabei mitunter weit mehr aufschnappen als gewünscht.

Schon ein ähnlicher Klang reicht und die KI springt an: „Wie bitte?“ – mitten im Teamgespräch. In diesem Moment beginnt ein Vorgang, den man leicht unterschätzt.

Das Gerät nimmt Gesprächsfetzen auf, verarbeitet sie in der Cloud, speichert sie unter Umständen dauerhaft – und niemand merkt es.

Was als Komfortfunktion gedacht ist, wird so schnell zum Einfallstor für Datenschutzverletzungen – gerade dann, wenn sensible oder vertrauliche Inhalte betroffen sind.

Diese 3 Risiken sollten Sie daher kennen:

Ständige Hintergrundüberwachung: Viele Sprachassistenten sind standardmäßig so eingestellt, dass sie dauerhaft auf ein Aktivierungswort wie „Hey Siri“ oder „Okay Google“ warten.

Dabei analysieren sie in Echtzeit die Umgebungsgeräusche – und speichern kurze Audioschnipsel vor dem Befehl. Auch Fehlaktivierungen sind keine Seltenheit.

1. Speicherung in der Cloud

Aufnahmen werden häufig zur Verbesserung der KI in Cloud-Rechenzentren gespeichert, teils außerhalb der EU. Das kann bedeuten:

  • keine vollständige Kontrolle über die gespeicherten
    Daten
  • möglicher Zugriff durch Dritte oder Behörden im
    Ausland
  • Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung
    (DSGVO), wenn personenbezogene Daten betroffen
    sind

2. Fehlende Information und Einwilligung

Wenn Mitarbeitende oder Kunden nicht wissen, dass ein Gerät mithört, fehlt die Rechtsgrundlage. Eine Aufzeichnung ohne Einwilligung ist grundsätzlich nicht zulässig – auch nicht versehentlich.

3. Sensible Daten im Fokus

In vielen Unternehmen wird über besonders schützenswerte Daten gesprochen: Gesundheitsinformationen, Sozialdaten, Betriebsgeheimnisse.

Gelangen diese unbemerkt in eine Cloud, kann das ein meldepflichtiger Datenschutzvorfall sein – mit entsprechenden Folgen.

Was bedeutet das für Sie als Mitarbeitende? Diese Antworten müssen Sie kennen

Keine Sorge – Sie müssen Ihre smarte Uhr nicht verschrotten und auch das Smartphone darf weiter mit ins Büro. Aber es kommt auf den bewussten Umgang an.

5 wichtige Tipps, wie Sie KI-Assistenten datenschutzkonform zähmen:

1. Deaktivieren Sie den Sprachassistenten im Büro

  • auf dem iPhone: „Hey Siri“ unter Einstellungen > Siri
    & Suchen abschalten und ggf. manuell wieder einschalten.
  • bei Android: Google Assistant unter Einstellungen >
    Google > Suche, Assistant & Sprache deaktivieren
  • smarte Uhren: Mikrofon stummschalten oder den
    Assistenten im Menü ausschalten

Mein Tipp:
Viele Geräte erlauben auch eine gezielte Einschränkung nach Standort – z. B. nur zu Hause aktiv – oder Einstellungen nach Fokus und Uhrzeiten.

2. Keine smarten Lautsprecher im Büro oder Homeoffice-Raum

Alexa, Google Home oder ähnliche Geräte haben im beruflichen Kontext nichts verloren. Selbst im Homeoffice gilt: Schaffen Sie einen datensicheren Raum.

3. Vorsicht bei privaten Geräten im Besprechungsraum

Legen Sie Handys, Uhren oder Tablets mit Sprachassistent während vertraulicher Gespräche zur Seite, schalten Sie diese ab oder in den Flugmodus.

Mein Tipp:
Lassen Sie in sensiblen Besprechungen am besten alle Geräte mit Mikrofon ganz draußen.

4. Keine Diktate oder Memos über private Sprachassistenten

Auch wenn’s bequem ist, Kundendaten oder interne Infos sollten niemals über Alexa oder Siri diktiert werden. Nutzen Sie stattdessen DSGVO-konforme Tools, die vom Unternehmen freigegeben wurden.

5. Sprechen Sie das Thema im Team an

Nicht jeder ist sich der Risiken bewusst. Helfen Sie mit, Kollegen zu sensibilisieren – ganz ohne erhobenen Zeigefinger.

Vielleicht kennen Sie jemanden, der mit der Uhr am Handgelenk regelmäßig „aus Versehen“ Siri aktiviert? Ein freundlicher Hinweis genügt oft schon.

KI-Tools im Büro: smart, schnell – aber bitte ohne personenbezogene Daten

Ob ChatGPT, Microsoft Copilot, Google Gemini oder NotebookLM – viele dieser KI-Werkzeuge sind längst im Büroalltag angekommen.

Sie übersetzen blitzschnell, fassen lange E-Mails zusammen oder liefern Textvorschläge für den nächsten Kundenkontakt.

Praktisch? Ja. Aber auch riskant, sobald personenbezogene Daten oder geschäftskritische Informationen im Spiel sind.

Denn was viele übersehen: Diese Tools arbeiten meist cloudbasiert – und was dort eingegeben wird, verlässt Ihr Unternehmen.

Selbst wenn es „nur“ eine E-Mail ist, in der ein Name, eine Adresse oder gar eine Diagnose steht – für den Datenschutz ist das ein potenzieller Verstoß.

Mein Tipp:
Wenn Geschäftsgeheimnisse oder vertrauliche Projektinhalte verarbeitet werden, kann daraus schnell ein ernsthafter Vorfall werden. Deshalb gilt auch hier:

Nutzen Sie KI gerne für allgemeine Aufgaben – aber niemals für Inhalte mit Personenbezug oder sensiblen Unternehmensdaten. Lieber vorher kurz nachdenken als später lange erklären.

Aktuell besonders brisant: KI-Training mit echten Nutzerdaten – das sollten Sie beachten

Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie sensibel das Thema ist. Meta (Facebook, Instagram & Co.) wird Nutzerdaten künftig für das Training seiner KI-Modelle verwenden – darunter auch öffentlich geteilte Inhalte, Chats und Fotos.

Auch wenn gewisse Einschränkungen gelten, zeigt dieser Fall deutlich: Was einmal in eine Plattform oder ein Tool eingegeben wurde, kann plötzlich ganz woanders landen.

Mein Tipp:
Gerade deshalb ist höchste Vorsicht geboten, wenn Sie personenbezogene oder interne Informationen in KI-gestützte Dienste eingeben.

Denn nicht immer ist klar, wo die Daten verarbeitet werden, wie lange sie gespeichert bleiben – und wofür sie am Ende verwendet werden. Was gestern noch ein praktisches Tool war, kann morgen schon Teil eines globalen KI-Trainings sein.

Fazit: KI ist kein Spielzeug – schon gar nicht für sensible Daten

Ob smarte Assistenten wie Siri und Alexa oder moderne KI-Tools wie ChatGPT und Copilot – sie alle können den Büroalltag angenehmer und effizienter machen.

Doch wo Komfort auf Vertraulichkeit trifft, ist Achtsamkeit gefragt. Denn KI hört nicht nur zu, sie merkt sich auch was – oft mehr, als uns lieb ist.

Wer im beruflichen Kontext unbedacht Informationen teilt, riskiert, dass personenbezogene Daten, Geschäftsgeheimnisse oder vertrauliche Inhalte dort landen, wo sie nicht hingehören – sei es in der Cloud, bei Dritten oder gar in Trainingsdaten künftiger KI-Modelle.

Mein Tipp:
Nutzen Sie KI als Werkzeug – nicht als Mitwisser. Schalten Sie Sprachassistenten im Büro bewusst ab und verzichten Sie bei KI-Diensten konsequent auf personenbezogene Eingaben. Dann bleiben nicht nur Ihre Daten geschützt – sondern auch das Vertrauen unserer Kunden und das Ihrer Kollegen.

Und ganz ehrlich: Die wirklich wichtigen Dinge bespricht man sowieso besser mit echten Menschen. ( AH)

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Andreas Hessel ist Chief Information Security Officer. Er ist langjähriger Leiter des Be­rei­ches Informationssicherheit und Risi­komanagement einer namenhaften Bank. Daneben arbeitet er als exter­ner Datenschutzbeauftragter und Berater im Bereich Cybersicherheit. Er […]