Der Sachverhalt
Ein Mann, der spätere Kläger, war in einem Verkehrsunternehmen als Fahrausweisprüfer beschäftigt. Er war verpflichtet, eigenständig die Arbeitszeiten und Pausen zu erfassen.
Dazu wurde im Unternehmen ein Zeiterfassungssystem genutzt. Die Eingabe der Zeiten erfolgte über eine App.
Dem Arbeitgeber wurden Ungereimtheiten bekannt, als ein für ihn tätiges Sicherheitsunternehmen bei einer Regelrücksprache von Auffälligkeiten berichtete.
So hatte man den Mann während der Arbeitszeit im Fitnessstudio, in einer Moschee oder beim Friseur gesehen. Auch hätte es private Fotoshootings am Rhein gegeben.
Der Arbeitgeber wollte die schwerwiegenden Vorwürfe überprüfen lassen und beauftragte eine Detektei damit, den Mann zu observieren.
Das passierte zunächst an einzelnen Tagen im November 2022. Die Detektei stellte hier Arbeitszeitverstöße fest, die auf einen Arbeitszeitbetrug hindeuteten.
Also beauftragte der Arbeitgeber eine längere Observation im Dezember.
Detektei dokumentiert Arbeitszeitbetrug
Im Überwachungszeitraum machte der Mann längere Pausen, ohne diese im Arbeitszeitsystem zu erfassen.
So besuchte er mehrfach seine Freundin oder hielt sich in Bäckereien und Cafés auf. Der Arbeitgeber hörte den Mann zu den Vorwürfen an.
Allerdings stritt der Mann alles ab. Er hätte auch bei den entsprechenden Besuchen gearbeitet. Insgesamt kam das Unternehmen so auf eine Summe von 26 Stunden, die der Mann trotz entsprechender Einträge nicht gearbeitet hatte.
Nach der Anhörung des Betriebsrats kündigte das Unternehmen dem Mann fristlos. Gegen diese Kündigung ging der Mann vor.
Vor dem Arbeitsgericht (ArbG) forderte er die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung.
Hier verwies er auch darauf, dass bezüglich der von der Detektei gelieferten Erkenntnisse ein Beweisverwertungsverbot vorliege.
Das Unternehmen forderte nicht nur, die Klage abzuweisen. Daneben machte es rund 21.600 € geltend, die entstandenen Detektivkosten.
Das zuständige ArbG sprach dem Mann lediglich ein Zeugnis zu. Die Kündigung hielt es genauso für gerechtfertigt wie die Pflicht zum Ersatz der Detektivkosten.
Also ging der Mann in Berufung und zog vor das LAG. Doch auch dort hatte sein Vorbringen keinen Erfolg.
So entschieden die Richter des LAG
Aus Sicht der Richter hat die Vorinstanz richtig entschieden. Auch schließt man sich der Begründung der Vorinstanz an.
Die außerordentliche Kündigung ist wirksam. Damit wurde das Arbeitsverhältnis beendet.
Ein Arbeitsverhältnis kann nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden.
Dazu müssen Tatsachen vorliegen, die bei Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen der Parteien eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist unzumutbar machen.
Beim vorsätzlichen Verstoß eines Arbeitnehmers gegen die Pflicht zur korrekten Arbeitszeiterfassung ist ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegeben. Das Strafrechtliche ist hier von untergeordneter Bedeutung.
Vielmehr steht der schwere Vertrauensbruch im Vordergrund. Das arbeitgeberseitige Vertrauen auf eine korrekte Erfassung wird schwer missbraucht, wenn Arbeitszeiten wissentlich und vorsätzlich falsch erfasst werden.
Beweise dürfen verwertet werden
Wie die Vorinstanz so halten auch die LAG-Richter die Observation des Klägers durch die Detektei für datenschutzrechtlich zulässig, und zwar auf Basis von § 26 Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz.
Doch selbst wenn man die damit einhergehende Verarbeitung für unzulässig halten würde, hätte dies kein Beweisverwertungsverbot zur Folge.
Ein solches Verwertungsverbot käme nur in Betracht, wenn das Berücksichtigen der Beweise eine durch das Recht der EU oder durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz geschützte Rechtsposition eines Arbeitnehmers so beeinträchtigen würde, dass dies nicht hinzunehmen wäre.
Hierzu müsste die Beweisverwertung selbst einen Grundrechtsverstoß darstellen, etwa weil die Verletzung des Persönlichkeitsrechts fortgesetzt oder vertieft würde.
Das war hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr liegt nur eine geringe Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts vor.
Dokumentiert wurde nur, was in der Öffentlichkeit passierte und von jedem beliebigen Passanten wahrnehmbar war.
Die entstandenen Detektivkosten hat der Kläger zu ersetzen. Die Ersatzpflicht ergibt sich aus § 280 BGB. Gemäß § 249 BGB sind die Kosten zu ersetzen, die nach den Umständen des Falls notwendig waren. Die entstandenen Kosten wurden vom Kläger nicht bestritten.
Das können Sie folgern
Das Urteil verdeutlicht, dass Arbeitszeitbetrug kein Kavaliersdelikt ist. Er kann zur fristlosen Kündigung führen. Außerdem können bei einem konkreten Verdacht auch Detektive eingesetzt werden. Kommt es bei der Observation zu keinem unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, sind die Beweise verwertbar. Entstehende Kosten muss der betreffende Mitarbeiter erstatten.